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Offener Brief an einen regionalpolitischen Witzbold (Witzböldin?)

Frau Tumuschat-Bruhn.

Ich wohne in der Elbmarsch, ich bin aktiv in der Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch und ich bin zutiefst erschüttert: In der Elbregion sind in den letzten 20 Jahren so viele Kinder wie sonst nirgendwo auf der Welt erkrankt. Kleinkinder leiden hier unsägliche Qualen und überleben diese schwere Krankheit nur mit viel Glück.

Und was haben Sie als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD des Landkreis Harburg den Eltern dieser Kinder zu sagen? Informieren Sie sich und andere? Bieten Sie etwa schnelle Hilfe? Sorgen Sie sich, dass nicht noch weitere Kinder erkranken und gehen offensichtlichen Hinweisen auf die Ursachen nach?

Nein! Sie machen sich lustig über dieses Leid!

Das ist nicht nur für mich schwer nachvollziehbar: Statt zu helfen, verhöhnen Sie öffentlich Ihre Kollegen, die sich sehr ernsthaft dafür einsetzen, dass diese Krankheits-Serie, die bereits weltweit für Aufsehen sorgt, endlich ein Ende finden möge. Das ist ein zumindest gewöhnungsbedürftiger Umgang der Politik mit einer Situation, die schon so viele Familien in tiefe Trauer gestürzt hat.

Prof. Mironov, Sachverständiger der UNO und der EU in Fragen der Strahlenbelastung an der Sacharow Universität in Minsk hat eindeutig und unzweifelhaft nachgewiesen, dass die unscheinbaren Metallkugeln, die offen im Landkreis Harburg aufzufinden sind, u.a. Plutonium enthalten >Download. Das Auffinden ist leider kinderleicht. Und eine lebensbedrohliche Gefahr. Doch statt sich kundig zu machen, bleiben Sie den Informationsveranstaltungen der Bürgerinitiative lieber fern. Sie interessieren sich nicht für Untersuchungsergebnisse und kümmern sich nicht um die Betroffenen. Das ist wohl nicht so lustig, wie Ihre Kreistagsauftritte.

Reicht es Ihnen denn nicht, Hilfe zu verwehren und sich hinter einer nichts-sagenden Resolution zu verstecken? Statt einem gut recherchierten >Antrag zuzustimmen oder sich wenigstens darauf zu beschränken der Politikverdrossenheit in Form groß-koalitionär weichgespülter Worthülsen weiteren Vorschub zu leisten, erdreisten Sie sich Scherze auf Kosten der betroffenen Kinder und Eltern zu machen. Niemand verlangt von Ihnen mit Schäufelchen auszurücken und Proben zu nehmen, wie Sie es, offensichtlich im Anfall karnevalistischer Vorfreude, formulierten. Im Gegenteil: Der ungeschützte Umgang mit dem atomaren Brennstoff ist viel zu gefährlich, als dass man mit Kinderspielzeug darauf „losgehen“ sollte! Darin liegt ja genau das Problem!

So erkrankten in Winsen/Luhe bereits Kinder an Leukämie, die einen Kindergarten besuchten, in dessen unmittelbarer Nähe die verdächtigen Kugeln gefunden wurden. Und alleine 8 der letzten 11 Leukämiefälle traten in Geesthacht direkt an den Atomanlagen auf.

Auf der einen Seite haben wir also anerkannte Wissenschaftler, die Metallelemente in Ihrem Landkreis finden und zweifelsfrei Plutonium in lebensbedrohlicher Menge darin nachweisen, sowie die höchste Kinder-Leukämierate weltweit. Und auf der anderen Seite haben wir die Betreiber der Atomanlagen, die den Einwohnern jede Unterstützung verweigern und wir haben Politiker, die fordern, dass Leukämieursachenforschung betrieben werden soll? Nun steht es mir nicht zu, von Ihnen zu verlangen, dass Sie Ihre gottgegebene Intelligenz auch zum Einsatz bringen. Mein Vorschlag für den Anfang lautet daher ganz bescheiden: Fangen Sie mit leichten Mathematikaufgaben an und zählen 1 und 1 zusammen.

Die Menschen hier verlangen etwas: Ihr Recht.

Und das ist kein verhandelbares Gut auf dem Basar reduzierten Demokratie-Verständnisses! Bei einem Verdacht auf gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung besteht die Verpflichtung (!!!) Gefahr abzuwehren. Die vielen schwer erkrankten Kinder und die bisherigen Todesopfer, sowie das extrem ungewöhnlich lange Auftreten der Leukämiehäufungen im Einzugsgebiet der Geesthachter Atomanlagen, müssten sogar für eine Regionalpolitikerin Verdacht genug sein, um konsequente Schritte zu tun und ihrer Pflicht nachzukommen!

Mit Grüßen
Hansjörg Fuhrken


Ein kleiner Hinweis in diesem Zusammenhang sei noch gestattet:

Von derzeit noch 9300 (Anm. d. Verf.: SPD-)Ortsvereinen haben mehr als 1600 seit mindestens fünf Jahren kein einziges Neumitglied aufgenommen, steht nach SPIEGEL-Informationen in einer unter Verschluss gehaltenen SPD-internen Analyse. Nur noch 34 Ortsgruppen gelten demnach als "vitale Ortsvereine" - das heißt, sie warben seit 2001 jährlich mindestens zehn Prozent Neumitglieder an.
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Quelle: >Spiegel Online, 29. Oktober 2006

Liebe Frau Tumuschat-Bruhn:
Sowas kommt von sowas!