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„Herr Fokken, was tun Sie für uns?”

Ein Zeitungsartikel von Annette Luckey im Geesthachter Teil der >Bergedorfer Zeitung vom Freitag, den 29. September sagt mehr, als er eigentlich sollte. Man muss nur lesen können. Hier nun meine ganz persönliche Interpretation:

Eigentlich sollte man ja froh sein, dass einem Bürgermeister das Wohl seiner Stadt so am Herzen liegt. In der Stadt aber, in der die Kinder einem Leukämierisiko ausgesetzt sind wie sonst nirgendwo auf diesem Erdball, in einer solchen Stadt sollte man doch erwarten, dass sich der erste Bürger ganz besonders um die Jugend kümmern müsste. Nicht so in Geesthacht. Der dortige Bürgermeister Herr Ingo Fokken steckt öffentlich den Kopf in den Sand. Auf die Frage nach dem Atomunfall auf der Geesthachter Elbseite weiß er zu berichten, das sei „absoluter Unsinn“. Im Gegenteil, berichtet er besorgt fragenden Schülern, man könne eben „leider nichts ausrichten” gegen solche Berichte.

„Solche Berichte“, damit meint er die ZDF Dokumentation, die aufzeigt, dass es am 12. September 1986 einen Atomunfall gegeben hat. Dieser Bericht erzählt von dem Schicksal der erkrankten Kinder und lässt Politiker, Wissenschaftler und zuständige Beamte zu Wort kommen, aber auch die Betreiber der Atomanlagen und die Strahlenschutzbehörden. Das Ergebnis ist eindeutig: Seit diesem Unfall erkranken und sterben viel zu viele Kinder im Umkreis von nur wenigen Kilometern um die Geesthachter Atomanlagen.
Absoluter Unsinn???

„Solche Berichte“, damit meint er die die Zeitungsartikel, die davon berichten, dass die Kinder im Umkreis von Geesthacht an Leukämie erkranken und von der Ratlosigkeit die deswegen herrscht. Genau wie in Geesthacht.
Absoluter Unsinn???

Für Ingo Fokken ist klar: Nicht das z.B. an der Waldschule in Grünhof-Tesperhude offen herumliegende Plutonium 238 gefährdet die Kinder seiner Stadt, sondern die bösen, bösen Redakteure, die davon berichten!

Mal unter uns: Wie blöd ist das denn bitte?

Schon einen Absatz weiter in dem kleinen Artikel offenbart Herr Fokken sein Motiv: Nicht die Gesundheit der Einwohner liegt ihm am Herzen. Nein! Es ist Geld! Geld macht ihm Sorgen. Nicht das Schicksal seiner todkranken Mitbürger ist ein „schwieriger Punkt“ für die Stadt, sondern die durch die Stilllegung des KKW Krümmel drohenden Einbußen bei den Gewerbesteuereinnahmen!

Den Bürgermeister von Geesthacht rührt es nicht, dass sich in den Haaren, Nägeln, Zähnen und Knochen der Kinder im Umkreis „seiner“ Atomanlagen Besorgnis erregend hohe Konzentrationen von Strontium 90 finden. Es regt ihn nicht, dass die Krankenschwestern in den regionalen Krankenhäusern hinter vorgehaltener Hand von signifikant steigenden Krebsfällen berichten. Und auch das Schicksal des 12 jährigen Mädchens aus Tesperhude ist nicht so bewegend, dass er sich scheuen würde das Arbeitsplatz-Totschlag-Argument aus dem Sack zu ziehen. Der Regierende der Stadt zählt viel zu gerne Geld. Mit Kindern kann ein Bürgermeister eben kein Geld vermehren. Und schon gar keine Wahl gewinnen.

Herr Fokken, es ist Zeit sich zu entscheiden wessen Diener Sie sind.


Nachtrag
Am 5.10 schlagzeilt die selbe Zeitung:

Neuer Leukämiefall: Angst und Ratlosigkeit in Geesthacht
Angesichts der gerade bekannt gewordenen Erkrankung eines zwölfjährigen Mädchens aus Grünhof-Tesperhude an Leukämie sind Ärzte, Wissenschaftler und Politiker ratlos. In der Region wächst die Angst. Es handelt sich um den 16. Krankheitsfall in Geesthacht und der Samtgemeinde Elbmarsch seit 1990. "An Zufall mag man angesichts der Häufung nicht mehr glauben." … (lu)


Hey! Keine Panik, liebe Geesthachter! Wenn sich ihre Körper-Zellen plötzlich fantasievoll verformen, schneller wachsen als bisher und der Arzt Ihnen mit kummervoller Miene in die Augen blickt, hilft sicher ein Gespräch mit ihrem Bürgermeister. Dieser Politiker ist nicht ratlos. Ingo Fokken weiß todsicher Rat: „Absoluter Unsinn“.

Lieber Herr Fokken.
Es ist dringend an der Zeit Ihre Vogel-Strauß-Taktik zu beenden! Steuereinnahmen sind sicher wichtig, aber während Sie Euros zählen, sterben die Kinder Ihrer Stadt! Wachen Sie auf! Bewegen Sie Herz und Hirn! Sie sind in der Verantwortung! Hören Sie damit auf dumme Antworten zu geben und helfen Sie endlich das Leiden der Kinder zu stoppen!


Auch schön in dem Zusammenhang, Auszüge aus einem taz Artikel vom 9.6.2005:

"Zwischenlager an sich sind unnütz und eine unwirksame Krücke in der gesamten Atommüllpolitik", zürnt Ingo Fokken. Man wolle keine "unnötigen Belastungen" durch ein Zwischenlager…"

Ein Endlager in seiner Stadt schließt er aber ebenfalls kategorisch aus.

Also kurzum: Atomenergie ja, Atommüll im Prinzip nein, aber wenn er sich schon als unvermeidlich erweist, dann bitte nicht in Geesthacht. Eine Logik, die sich nicht jedem erschließt, der nicht an Sankt Florian glaubt. Denn mit der Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, wie Ingo Fokken sie für Krümmel fordert, dürfte der radioaktive Abfall wohl nicht weniger werden.

Die ganze Tazsache lesen:
http://www.taz.de/pt/2005/06/09/a0348.1/text